Lipödem

Das Lipödem beschreibt ein Krankheitsbild, welches durch folgende Eigenschaften definiert ist:

Charakteristiken des Lipödems:

Wassereinlagerungen (Ödeme) sind kein zwingender Bestandteil eines Lipödems. Speziell bei stark Übergewichtigen kann es im Tagesverlauf zu Flüssigkeitseinlagerungen im Beinbereich kommen. Diese sind in der Regel unkritisch, solange sie über Nacht wieder verschwinden. Bei dauerhaft bestehenden Einlagerungen sollte auf ein mögliches Lymphödem geachtet werden, welches dann auch unabhängig vom Lipödem behandlungsbedürftig wäre. Dieses tritt gehäuft bei deutlichem Übergewicht auf.

Bei einem Lipödem handelt es sich nicht um ein reines Übergewicht, sondern um eine krankhaft veränderte Gewebestruktur des Fett- und Bindegewebes sowie der Gefäße. Hierdurch kommt der teils ausgeprägte Schmerz und die Neigung zu Blutergüssen. Häufig besteht jedoch neben einem Lipödem parallel ein Übergewicht. Dieses sollte unabhängig davon angegangen werden, um zusätzliche Komplikationen zu vermeiden.

Stadien/Grade:

Das Lipödem wird anhand der Ausprägung in drei Stadien eingeteilt, wobei es sich hierbei um eine reine Formeinteilung handelt und das Ausmaß der Gewebsvermehrung nicht mit den Beschwerden, speziell den Schmerzen zusammen hängen muss.

Stadium 1: glatte, weiche Hautoberfläche

Stadium 2: unebene Haut mit Knotenbildung

Stadium 3: überhängende Hautlappen und Fettwülste, welche teilweise Bewegungseinschränkungen bewirken können, Hautverdickung und –Verhärtung

 

Behandlung:

Bei einem Lipödem stellt meist der Schmerz das Hauptproblem dar. Die gute Nachricht ist: Dieser lässt sich durch eine maßgefertigte flachgestrickte Kompressionsversorgung deutlich lindern.

 

Kompressionsversorgung:

Das Vermessen und Anpassen der Kompressionsstrümpfe erfolgt über Sanitätshäuser mit speziell geschultem Personal. Die sonst für Venenleiden verwendeten elastischen, rundgestrickten Kompressionsstrümpfe sind für die Behandlung eines Lipödems üblicherweise nicht ausreichend.

Da eine Maßanfertigung dieser speziellen Kompressionsstümpfe relativ aufwendig ist, wird normalerweise vom Sanitätshaus eine Zusage der Kostenübernahme der Krankenkasse abgewartet. (Die Verordnung belastet nicht das Arztbudget)

In einigen Fällen wird von der Krankenkassen eine Prüfung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) veranlasst. Sobald dort die erforderlichen Unterlagen vorliegen, stellt die Versorgung normalerweise kein Problem dar.

Sobald die Kompressionsstrümpfe ausgeliefert wurden, müssen diese gleich konsequent tagsüber getragen werden. Einerseits kann nur so geprüft werden, ob sich die Schmerzen deutlich bessern. Wenn dies nicht zutrifft, sollten ggf. andere Ursachen abgeklärt werden (Gelenkprobleme, Nervenbedingter Schmerz, etc.). Ferner ist es wichtig, auf die korrekte Passform zu achten: Maßgefertigte Kompressionsstrümpfe sollen weder rutschen noch Falten werfen. Ansonsten müsste umgehend Kontakt mit dem Sanitätshaus aufgenommen werden, da der Hersteller ggf. in den ersten Wochen noch Veränderungen durchführen kann.

Nach Vorliegen der passenden Kompressions-Erstversorgung und entsprechendem Behandlungserfolg wird dann eine Wechselversorgung aus hygienischen Gründen veranlasst („Waschtag“).

Durch Materialermüdung ist danach eine halbjährliche Neuversorgung üblich. Bei erheblicher Umfangsveränderung der betroffenen Körperregion auch früher, falls die Kompression nicht mehr passt.

 

Manuelle Lymphdrainage

Üblicherweise ist eine manuelle Lymphdrainage beim reinen Lipödem ohne begleitendes Lymphödem nicht dauerhaft erforderlich, da durch die Kompressionsbestrumpfung bereits eine weitgehende Beschwerdefreiheit erreicht werden kann.

Eine Lymphdrainage hat einen ähnlichen positiven Effekt auf den Gewebsschmerz wie die Kompression, die Wirkung hält allerdings nur kurzfristig an. Daher ist die Bestrumpfung die geeignete und in den meisten Fällen auch ausreichende Dauerbehandlung. In einigen Fällen wird vor Anpassung der Strümpfe eine kurzfristige Lymphdrainage von den Krankenkassen gefordert, um ein mögliches begleitendes Ödem auszustreichen und dadurch eine bessere Passform zu erzielen.

 

Hautpflege

Durch das regelmäßige Tragen der Kompressionsstrümpfe kann die Haut nur eingeschränkt der üblichen Regulierung seitens Feuchtigkeit/ Fettgehalt/ Säures-chutzmantel nachkommen, weswegen eine zusätzliche Hautpflege mit pH-neutralen Produkte (pH 5) empfohlen wird.

 

Bewegungsübungen

Bewegung lindert die Beschwerden des Lipödems, fördert den Lymphfluss und erleichtert eine Gewichtsreduktion. Die Übungen können idealerweise mit angelegten Kompressionsstrümpfen erfolgen, alternativ bieten sich Aktivitäten im Wasser an, wo der Wasserdruck die Kompression übernimmt.

 

Schulung

Aufklärung und Schulungen sind wichtig, um das Krankheitsbild kennenzulernen. Ziel ist eine allgemeine Hilfestellung bei der Bewältigung des Alltags, Verbesserung der Lebensqualität und Möglichkeiten der Eigenbehandlung. Diese erfolgt z.B. durch Physiotherapeuten/ Sanitätshaus/ Arzt/ Selbsthilfegruppen, usw.

 

Ernährung

Die Gewebsvermehrung ist durch diätetische Maßnahmen üblicherweise nicht zu beeinflussen. Allerdings kann in einigen Fällen eine deutliche Reduktion des Kohlehydratanteils der Nahrung (low carb/high fat Ernährung bzw. Ketogene Diät) einen positiven Einfluss auf die Schmerzhaftigkeit haben. Ein zusätzliches Übergewicht bzw. starke Gewichtsschwankungen können das Lipödem verschlechtern und sollten daher vermieden bzw. verringert werden.

 

Medikamentöse Behandlung

Derzeit ist keine nachgewiesene erfolgreiche medikamentöse Therapie bekannt. Die Einnahme von harntreibenden Mitteln ist aus Sicht eines Lipödems bzw. Lymphödems nicht hilfreich, möglicherweise sogar von Nachteil.

 

Psychische Erkrankungen

Bei Lipödem-Patientinnen sind psychische Belastungen durch die veränderte Körperform/ Selbstwahrnehmung nicht selten. Depressionen und Essstörungen treten ebenfalls gehäuft auf. In diesem Fall kann eine begleitende psychologische Behandlung hilfreich sein.

 

Operative Maßnahmen (Fettabsaugung/Liposuktion)

Oben aufgeführte konservative Behandlungsansätze zielen in erster Linie auf eine Beschwerdelinderung, was den Schmerz angeht. Eine relevante Umfangsverminderung des krankhaft veränderten Binde- und Fettgewebes ist dadurch nicht zu erzielen. Hierfür käme eine Absaugung des überschüssigen Gewebes mittels Liposuktion infrage.

Vor Operationen ist aus lymphologischer Sicht eine mindestens 6-12 monatige konsequente Behandlung erforderlich. Falls ein operativer Eingriff angestrebt wird, sollte zur Indikationsstellung und weiteren Planung Kontakt mit einem chirurgisch tätigen Zentrum aufgenommen werden.

In der Regel sind mehrere Operationen erforderlich, ob die Kosten durch die Krankenkassen übernommen werden muss im Einzelfall geprüft werden.

 

Zusammenfassung:

Das Lipödem-Syndrom ist ein seit langem bekanntes Krankheitsbild, welches in letzter Zeit vermehrte Aufmerksamkeit erfährt. Ein Lipödem betrifft praktisch ausschließlich Frauen und ist charakterisiert durch eine Vermehrung des Binde- und Fettgewebes mit einer auffälligen Fettverteilung, speziell an Hüfte und Oberschenkeln, ggf. auch Unterschenkeln und Oberarmen (Bauch, Hände und Füße sind nicht betroffen).

Im Gegensatz zu einem reinen Übergewicht bestehen eine Neigung zu Blutergüssen (Hämatomen) sowie eine teils ausgeprägte Druckempfindlichkeit, mitunter auch Schmerzen bei aktiver Bewegung bzw. in Ruhe. Häufig besteht parallel ein Übergewicht, dieses sollte unabhängig davon angegangen werden.

Die Behandlung zielt in erster Linie auf die Linderung der Schmerzen ab, diese lassen sich durch eine flachgestrickte Kompressionsversorgung meist deutlich lindern. Im Gegensatz zu einem Lymphödem ist eine Lymphdrainage nicht dauerhaft erforderlich.